Ankommen in SΓ£o Paulo – Unsere Radreise ins Ungewisse [#30]

Als wir am Flughafen in SΓ£o Paulo (Guarulhos) landeten, ging alles erstaunlich schnell: Unsere FahrrΓ€der und das zusΓ€tzliche GepΓ€ck warteten beim β€žOversized Luggageβ€œ-Schalter schon auf uns. Ohne Probleme packten wir alles auf zwei Flughafenrollwagen, sortierten unsere Taschen und schoben unser mobiles Zuhause in Richtung Ausgang. Kurz vor der TΓΌr entdeckten wir eine freie Stelle unter einer Rolltreppe – perfekt, um die FahrrΓ€der direkt wieder zusammenzubauen. Das meiste war in gutem Zustand, nur Annkathrins Rad hatte zwei kleine SchΓ€den: eine Schramme in der Felge und ein angebrochenes Schutzblech, das aber noch hielt.

Dann ging es los – ohne Plan, ohne Internet, ohne Bargeld und ohne Unterkunft. Wir folgten einfach den grΓΌnen Schildern Richtung β€žSΓ£o Paulo Centroβ€œ. ZunΓ€chst fΓΌhrte uns die Route durch das dichte Verkehrsgewusel von Guarulhos. An einer Tankstelle legten wir einen kurzen Halt ein, um die Reifen richtig aufzupumpen. SpΓ€ter versuchten wir unser GlΓΌck an einem Geldautomaten – vergeblich. Weder mit Mastercard noch mit Visa ließ sich Bargeld abheben.

Supermarkt, Steigungen und ein erster Lichtblick

Ein Supermarkt rettete uns vor dem ersten Tiefpunkt: Dort konnten wir immerhin mit Karte zahlen und uns mit dem NΓΆtigsten versorgen. Schnell fielen uns Unterschiede zu deutschen SupermΓ€rkten auf – die Einkaufswagen waren breiter und lΓ€nger, die Regale gigantisch, das Ganze erinnerte eher an einen Metro-Großmarkt als an einen klassischen Supermarkt. GetrΓ€nkeflaschen enthielten 600β€―ml statt der gewohnten 500β€―ml, es gab eine riesige Auswahl an GetrΓ€nkepulvern – dafΓΌr fehlte eines komplett: Avocados.

Nach diesem Zwischenstopp wurde der Weg anstrengender. Wir folgten weiter den Schildern Richtung Innenstadt, mussten dabei aber einige heftige Steigungen bewΓ€ltigen. Einfach der Autowegweiser nach – das war unser einziger Plan. Schließlich kamen wir in ein Hotel, das noch Zimmer frei hatte – sogar fΓΌr drei NΓ€chte. Und es gab einen sicheren Abstellplatz fΓΌr unsere RΓ€der. Jackpot! Wir checkten ein, packten aus und fielen erst mal durch – zum GlΓΌck war das FrΓΌhstΓΌcksbuffet inklusive.

Liberdade – Japans Geist in Brasiliens Megacity

Am nΓ€chsten Tag erkundeten wir SΓ£o Paulo und machten dabei einen Abstecher in das Viertel Liberdade, das als das β€žkleine Japanβ€œ der Stadt gilt. Und tatsΓ€chlich: Statt der typischen AmpelmΓ€nnchen blinkten japanische Laternen-Symbole an den FußgΓ€ngerΓΌberwegen. Auch die Straßenlaternen waren im japanischen Stil gehalten – rot lackiert, mit geschwungenen Kanten und asiatisch anmutenden Lampenschirmen.

Die Straßen waren lebendig. Zwischen den Autos hatten sich VerkaufsstΓ€nde aufgebaut, die Süßes, Snacks, Schmuck und Kunsthandwerk anboten – eine Art Markt, der sich durch das Viertel zog. Rundherum reihten sich kleine LΓ€den mit Mangas, Bento-ZubehΓΆr, Keramik und japanischen Haushaltswaren aneinander. NatΓΌrlich gab es auch jede Menge zu essen: Ramen, Sushi, japanische Backwaren und Bubble Tea an jeder Ecke. Wir gΓΆnnten uns einen eiskalten Bubble Tea, beobachteten das bunte Treiben – und fΓΌhlten uns fΓΌr einen Moment wie in einer Parallelwelt zwischen SΓ£o Paulo und Tokio.

Die lang ersehnte SIM-Karte fanden wir spΓ€ter – in einem anderen Stadtteil, weit weg von Liberdade. Endlich mobiles Internet! Danach fuhren wir per Uber zu einem Decathlon, um eine große Gaskartusche zu besorgen, damit wir in den kommenden Tagen wieder unterwegs kochen konnten.

Farben, Lachen und Graffiti – Der Beco do Batman

Ein weiteres Highlight war unser Besuch im Beco do Batman, einem der bekanntesten Streetart-Orte der Stadt. Dieses Mal nahmen wir ein Uber, um hinzukommen – ganz entspannt.

Was uns sofort auffiel: Die Menschen wirkten hier glΓΌcklicher. Es wurde viel gelacht, geredet, fotografiert. Ein süßlich-krΓ€utriger Geruch lag in der Luft – Marihuana war deutlich zu riechen. Überall gab es kleine Bars, die sich an die bunt bemalten HΓ€user schmiegt. Musik kam aus offenen Fenstern, Menschen standen in Gruppen zusammen, tranken etwas oder ließen sich einfach treiben – so wie wir auch.

Die Graffitis an den WΓ€nden waren kreativ, bunt und oft gesellschaftskritisch – eine faszinierende Mischung aus Kunst und Protest, aus Fantasie und Farbe. Wir blieben immer wieder stehen, machten Fotos und verliebten uns in die AtmosphΓ€re. Am Ende kauften wir zwei kleine Kunstwerke bei einem StraßenverkΓ€ufer – Erinnerungen an diesen Ort voller Leben, Farbe und Lachen.

ZurΓΌck aufs Rad – Raus aus der Megastadt

Nach unseren erholsamen Pausentagen starteten wir zu einer rund 30 Kilometer langen Fahrradtour quer durch SΓ£o Paulo. Mit etwa 12 Millionen Einwohnern ist SΓ£o Paulo die grâßte Stadt Brasiliens und erstreckt sich ΓΌber etwa 40 Kilometer im Durchmesser – ein gewaltiges Stadtgebiet, das sich kaum fassen lΓ€sst. Die Straßen waren extrem belebt, viele große Trucks rollten vorbei. GlΓΌcklicherweise gibt es zahlreiche Fahrradwege, die jedoch oft plΓΆtzlich endeten oder unsicher wurden, sodass wir teils ohne Schutz auf der Straße fahren mussten. ZusΓ€tzlich machten uns starke Steigungen zu schaffen, die wir mit schwerem GepΓ€ck oft schiebend bewΓ€ltigen mussten.

Industrie, Slums und der erste Blick ins GrΓΌne

Am Stadtrand passierten wir ein ausgedehntes Industriegebiet, in dem sich auch einige Slums an die StraßenrΓ€nder drΓ€ngten. Die Straßen wurden enger, der Verkehr dichter – insbesondere der Lastwagenverkehr war herausfordernd. Doch bald ΓΆffnete sich die Landschaft: Die Umgebung wurde grΓΌner, gigantische BΓ€ume sΓ€umten den Weg, und von einer AnhΓΆhe genossen wir einen beeindruckenden Ausblick zurΓΌck auf die riesige Stadt.

Campingplatz-Paradies in der Natur

Unser Tagesziel war ein Campingplatz etwa 60 Kilometer von der Stadt entfernt. Kurz vor dem Ziel erwarteten uns noch drei heftige Steigungen – echte Kraftakte. Angekommen, fΓΌhlten wir uns sofort wohl: Mehrere große RasenflΓ€chen auf unterschiedlichen Ebenen, kleine Teiche, HΓ€ngematten zwischen den BΓ€umen und ein einladender Gemeinschaftsraum mit Tischkicker, Tischtennisplatte und Billardtisch. Auch die GemeinschaftskΓΌche bot alles, was wir brauchten. Spontan entschieden wir uns, zwei NΓ€chte zu bleiben.

Entspannung pur – Schwimmen, Spielen, Guane und ein herzliches Abendessen

Am Pausentag genossen wir den Pool zum Schwimmen, spielten Billard, Tischtennis und Tischkicker, und ließen den Tag beim Sonnenuntergang ausklingen. Dabei entdeckten wir durch Zufall zum ersten Mal Schwarzbrust-Guane – beeindruckende WildvΓΆgel, die hier frei umherstreifen. Zum krΓΆnenden Abschluss lud uns der Campingplatzbesitzer ΓΌberraschend zum Abendessen ein. Die Nachbarn auf dem Platz waren sehr freundlich, sodass wir eine rundum schΓΆne und entspannte Zeit verbrachten – genau der perfekte Auftakt, bevor es weiter in die Natur gehen sollte.

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