Wie das Wetter unsere Fahrt in den marokkonischen Bergen bremste [#24]

Nach unserem Aufenthalt in Marrakesch setzten wir unsere Reise fort – diesmal auf dem Fahrrad. Schon kurz hinter der Stadt tauchten wir in eine karge Landschaft ein, die von steinigem Boden, rötlichem Gestein und kargen, kaum begrünten Bergen geprägt war. Die Straße führte uns durch kleine Dörfer, die aus wenigen Häusern oder selbst gebauten Unterkünften bestanden und sich scheinbar widerspruchslos in die raue Umgebung einfügten.

Am Abend fanden wir einen Schlafplatz auf einem Felsen, von dem aus wir eine atemberaubende Aussicht auf die umgebende Berglandschaft hatten. In der Ferne konnten wir kleine Dörfer erkennen, und als die Sonne langsam unterging, tauchte sie die Landschaft in ein warmes, goldenes Licht – ein unvergesslicher Moment, der all die Anstrengungen des Tages mehr als wettmachte.

Am nächsten Morgen setzten wir unsere Fahrt fort. Die Landschaft blieb zunächst steinig und karg, doch irgendwann spuckten uns die Berge regelrecht aus: Es wurde flacher, grüner, und wir atmeten erleichtert auf. Unsere Vorräte waren allerdings fast aufgebraucht – nur noch etwas Wasser und altes Brot hatten wir übrig. Doch unser Glück blieb uns treu: Nach einiger Zeit fanden wir einen kleinen Kiosk, an dem wir Getränke und frisches Brot kaufen konnten.

Am Abend hielten wir an einem Café und fragten nach einer Übernachtungsmöglichkeit. Ein Besucher des Cafés lud uns ein, unser Zelt bei einem Olivenhain aufzubauen. Was zunächst nach einer ruhigen Nacht klang, entpuppte sich als ziemlich unruhig: Unser Gastgeber weckte uns immer wieder, sei es durch lautes Telefonieren, Musik oder weil er uns etwas mitteilen wollte – und unsere dünne Zeltwand ließ jedes Geräusch ungehindert zu uns durchdringen.

Am nächsten Morgen starteten wir früh und kamen richtig gut voran. Im Laufe des Tages radelten wir etwa 78 Kilometer. Die Landschaft wurde zunehmend grüner, und zu unserer großen Freude entdeckten wir bunte Blumen am Wegrand – ein Anblick, den wir seit Wochen in Marokko vermisst hatten und der unsere Stimmung spürbar aufhellte.

Eigentlich hatten wir geplant, an einem See zu übernachten. Doch kurz vor dem Ziel wurden wir an einer Passkontrolle gestoppt. Nach der Kontrolle fuhren die Beamten uns eine Weile mit ihrem Auto hinterher und rieten uns schließlich, nicht am See zu schlafen – es sei zu gefährlich wegen der Kälte und des fehlenden Handyempfangs. Obwohl diese Gründe für uns nicht überzeugend waren, wollten wir keinen Ärger riskieren. Nach dem Essen am See war von den Beamten ohnehin niemand mehr zu sehen, vermutlich weil sie zum Fastenbrechen aufgebrochen waren – also packten wir ruhig unsere Sachen zusammen und radelten weiter.

In der Dunkelheit folgten wir einem Schotterweg, der von kleinen Bächen durchzogen war. Immer wieder bellten Hundegangs in der Nacht und jagten uns kurz hinterher. Trotz allem schafften wir es, bis in die Nähe einer stärker befahrenen Straße. Dort bemerkte Annkathrin, dass ihre Hinterradbremse nicht mehr richtig funktionierte. In der Dunkelheit, nur mit einer Kopflampe ausgestattet, packten wir alle Taschen ab und wechselten mitten auf dem Weg die Bremsbeläge.

Einen Schlafplatz hatten wir noch immer nicht gefunden, also fragten wir bei einem kleinen Kiosk nach. Der Besitzer bot uns freundlich an, in einem Raum mit Teppichen und kleinen Tischen zu schlafen – gegen einen kleinen Geldbetrag. Unsere Fahrräder durften wir sicher in einer Garage abstellen.

Am nächsten Morgen, nach einem einfachen Frühstück, fuhren wir weiter. Der Wind hatte ordentlich aufgefrischt, doch glücklicherweise wehte er zu unseren Gunsten. Trotzdem begann es gegen Mittag heftig zu regnen. Unter einem kleinen Shelter fanden wir vorübergehend Schutz, doch bald standen wir in einer Pfütze und entschieden uns, weiterzufahren.

Einige Kilometer später entdeckten wir bei einer Moschee ein unfertiges Haus, das uns vor dem Regen schützte. Der Regen ließ jedoch nicht nach, und die Temperaturen sanken weiter. In unserer Verzweiflung hielten wir nach neuen Möglichkeiten Ausschau. Schließlich stoppte ein Fahrer und fragte, ob wir Hilfe brauchten. Wir erklärten unsere Situation, und er brachte uns zur nahegelegenen Moschee, wo wir im Keller übernachten durften.

Der Muezzin, der oben in der Moschee wohnte, kümmerte sich rührend um uns. Er brachte uns Teppiche, eine Teekanne und sogar eine große Gasflasche mit Kocheraufsatz vorbei – eine unglaublich herzliche Geste. So wurde der Keller der Moschee für zwei Nächte unser Zuhause, während draußen der Regen unaufhörlich weiterprasselte.

Doch irgendwann mussten wir weiter, denn unsere Vorräte waren nahezu aufgebraucht. Also fuhren wir in Regenkleidung los. Es regnete fast den gesamten Tag hindurch. Als wir in Moulay Bouazza ankamen, suchten wir vor einem Café Schutz. Eine Frau verwies uns an ihren Sohn, der sich als einer der Besitzer des Cafés herausstellte – ein Mann, der 20 Jahre in Deutschland gelebt hatte und fließend Deutsch sprach.

Dank seiner Hilfe fanden wir ein Zimmer bei der Mieterin einer kleinen Wohnung in einer Art Kloster. Das Zimmer war einfach, ohne Heizung – wir konnten sogar unseren Atem sehen –, aber wir waren dankbar, endlich ein Dach über dem Kopf zu haben und vor dem eisigen Wind geschützt zu sein. Trotz der Sprachbarriere kamen einige freundliche Gespräche mit der Mieterin zustande, auch wenn sie nur Arabisch sprach.

Nach insgesamt fünf Nächten in dieser Unterkunft ging es bei strahlendem Sonnenschein endlich weiter. Die Berge wurden zwar steiler, aber wir kamen gut voran und bauten am Abend müde unser Zelt auf.

In den nächsten Tagen näherten wir uns stetig unserem nächsten großen Ziel: Fes. Dort warteten wir geduldig darauf, dass der Supermarkt nach dem Fastenbrechen wieder öffnete. Auf dem Supermarktparkplatz begegneten wir noch einer verschmusten Hundegang, die sich über ein paar Streicheleinheiten freute.

Mit neuen Vorräten ausgestattet, machten wir uns schließlich auf den Weg zu unserem Appartement. Nach einem langen, ereignisreichen Tag fielen wir erschöpft, aber glücklich, ins Bett.

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