Erster Stempel im Reisepass: Unser Abenteuer in Marokko beginnt [#22] - Zwei auf Rad 🌍

Erster Stempel im Reisepass: Unser Abenteuer in Marokko beginnt [#22]

Mit dem ersten Stempel im Reisepass begann unser Abenteuer in Marokko – und es war direkt ein ziemlicher Kulturschock. Laut, chaotisch, mit viel Gewusel und einer allgegenwärtigen Unordnung. Autos fuhren kreuz und quer, jeder hatte sein eigenes Ziel und versuchte, sich irgendwie seinen Weg durch das Chaos zu bahnen. Es gab kein offensichtliches System, sondern jeder bewegte sich einfach so, wie es gerade passte.

Besonders ungewohnt war für uns das Verhalten im Kreisverkehr. Während wir es aus Europa kannten, dass Fahrzeuge im Kreisel grundsätzlich Vorfahrt haben, hielten manche Autofahrer hier plötzlich mitten im Kreisel an, um nach links und rechts zu schauen, bevor sie weiterfuhren. Das war erst einmal irritierend, aber es zeigte, dass die Fahrer einfach noch mal auf Nummer sicher gehen wollten.

Gleich in den ersten Tagen fuhren wir durch eher arme Gegenden. Die einfachen, teils unfertigen Häuser wirkten improvisiert, viele bestanden aus unverputzten Ziegelsteinen oder Wellblech. Die Straßen waren staubig, und es war offensichtlich, dass hier nicht viel Geld vorhanden war. Trotzdem sahen wir Kinder, die sich aus Müll einen Drachen gebastelt hatten und lachend damit spielten – ein Bild, das uns lange in Erinnerung blieb.

Was uns ebenfalls schnell auffiel, war der Müll. Direkt auf den Straßen lag zwar kaum etwas, aber am Straßenrand türmten sich Abfälle. Die Wälder entlang der Straßen waren teils so stark zugemüllt, dass wir mehrere Meter hineingehen mussten, um Stellen zu finden, an denen kaum oder weniger Müll lag. Besonders krass war, dass wir anfangs kaum Mülleimer oder Mülltonnen sahen – es wirkte fast so, als würden viele Menschen den Wald einfach als riesige Müllkippe nutzen. Direkt beobachtet haben wir es nicht, aber der Zustand sprach für sich. Später fiel uns dann auf, dass manche Autofahrer ihre leeren Flaschen oder Verpackungen einfach aus dem Fenster warfen – und damit war die Umweltverschmutzung wieder ein Stück größer.

Auch Straßentiere gab es hier viele. Besonders in kleineren Dörfern sahen wir oft streunende Hunde und Katzen, die zwar meistens freundlich, aber oft auch sichtlich abgemagert waren. Viele von ihnen suchten zwischen dem Müll nach Essbarem, was das Bild der Armut noch verstärkte.

Erste Tage: Von Tanger bis Asilah

Nach unserer Ankunft in Tanger ging es zuerst durch die belebte Innenstadt mit ihren mehrspurigen Straßen und dem endlosen Verkehr. Wir hielten an einem Einkaufszentrum, um eine marokkanische SIM-Karte zu besorgen und Vorräte einzukaufen. Während Nico sich um die SIM-Karte kümmerte, beobachtete Annkathrin das rege Treiben in der Stadt.

Besonders fiel ihr auf, wie Handwerker an einer Hausfassade arbeiteten. Sie hatten sich eine improvisierte Hochziehbühne gebaut – allerdings nicht mit professioneller Ausrüstung, sondern einfach mit den Mitteln, die sie zur Verfügung hatten. Noch überraschender war, dass sie nicht in Arbeitskleidung oder mit festen Sicherheitsschuhen arbeiteten, sondern in ganz normaler Alltagskleidung – manche trugen sogar nur Crocs. Das war einer der Unterschiede zu Europa, der uns schnell auffiel: Hier wurde nicht so viel auf Arbeitssicherheit geachtet, aber die Menschen halfen sich mit den Mitteln, die sie hatten, und wurden dabei oft richtig kreativ. Es war beeindruckend zu sehen, wie pragmatisch und erfinderisch sie ihre Probleme lösten.

Am Nachmittag kämpften wir uns weiter durch das Stadtgewusel hinaus in Richtung Küste. Unser erster Campingplatz lag etwa 10 Kilometer vor Asilah. An diesem Tag hatten wir bereits rund 10 Kilometer in Spanien zurückgelegt und nach der Fährüberfahrt noch einmal etwa 35 Kilometer in Marokko geradelt – wir waren ziemlich erschöpft.

Am nächsten Tag erreichten wir Asilah und erkundeten die Stadt mit unseren Fahrrädern. Die weiß-blauen Gebäude, die engen, verwinkelten Gassen und die lebendige Marktstraße machten den Ort besonders. Abends fuhren wir zum Campingplatz am Stadtrand. Eigentlich wollten wir nur eine Nacht bleiben, doch nachdem es in der ersten Nacht geregnet hatte und auch der nächste Tag komplett verregnet sein sollte, entschieden wir uns, eine zweite Nacht dort zu verbringen und machten einen Pausentag im Zelt.

Weiterfahrt nach Larache und unerwartete Gastfreundschaft

Nachdem der Regen aufgehört hatte, setzten wir unsere Reise Richtung Larache fort. Dort suchten wir uns einen Schlafplatz in der Natur – und hatten tatsächlich eine ruhige Nacht ohne unerwartete Besucher.

Die Strecke führte uns weiter entlang der Küste durch viele kleine Orte. Immer wieder fuhren wir durch Wälder, doch hier fiel uns besonders der Müll auf. Am Straßenrand, in den Wäldern – überall lagen Abfälle. Es wirkte, als wäre die Natur einfach zur Müllkippe geworden.

Kurz vor Kenitra trafen wir zufällig auf einen Einheimischen, der als Deutschlehrer an einer Abendschule arbeitete. Er lud uns spontan zum Essen ein, und seine Frau bereitete eine beeindruckende Auswahl traditioneller Gerichte für uns zu: frisch gebackene Msmen, Minztee, Kekse und Couscous. Das Essen schmeckte fantastisch, und wir unterhielten uns lange mit ihnen. Es war eine der Begegnungen, die uns noch lange in Erinnerung bleiben sollten – ein Moment marokkanischer Gastfreundschaft, der uns sehr berührte. Nach diesem herzlichen Zwischenstopp fuhren wir weiter nach Kenitra und übernachteten dort auf einem Campingplatz.

Ein unerwarteter Polizeiservice in Kenitra

Am nächsten Morgen wollten wir in die Stadt radeln, um den traditionellen Markt zu besuchen, und dann weiterfahren. Doch kurz nach Verlassen des Campingplatzes bemerkten wir, dass uns ein marokkanisches Polizeiauto folgte. Sie hielten uns nicht an, blieben aber stets in unserer Nähe.

Als wir kurz stoppten, um auf der Karte nachzusehen, wo wir langfahren mussten, hielten sie ebenfalls an und fragten nach unserer Nationalität und unserem Ziel. Wir erklärten, dass wir den traditionellen Markt besuchen wollten. Daraufhin sagten sie nur: „Follow me“ – und los ging es.

Während der Fahrt wechselten sie sich mit Motorradkollegen ab. Erst fuhr das Polizeiauto voraus, dann übergaben sie uns an die Motorradpolizisten, und später gab es erneut einen Wechsel. Schließlich erreichten wir unser Ziel, und die Polizei verschwand genauso unauffällig, wie sie aufgetaucht war.

Der Markt in Kenitra war beeindruckend, mit engen Gassen voller Leben. Später fiel uns jedoch auf, dass Kenitra insgesamt eine modernere Stadt war – mit breiten Straßen, neueren Gebäuden und sichtbar mehr Wohlstand als in den ländlichen Gegenden zuvor. Auch die Straßentiere schienen hier in einem besseren Zustand zu sein – weniger abgemagert, das Fell gepflegter. Und: Es gab endlich mehr Mülleimer.

Rabat, Casablanca und Oualidia

Unsere Reise führte uns weiter nach Rabat, wo wir zwei Nächte bei Warmshowers-Hosts verbrachten. Am Pausentag besichtigten wir die Stadt bzw. die Medina und genossen die Zeit, bevor es weiter nach Casablanca ging. In Rabat bemerkten wir diesen Kontrast noch stärker. Auch hier besuchten wir einen traditionellen Markt, der ähnlich aufgebaut war wie der in Kenitra, aber mit etwas breiteren Gassen, was das Durchgehen angenehmer machte. Neben dem Markt besuchten wir noch einen Garten und einige Sehenswürdigkeiten. Uns fiel auf, dass es in marokkanischen Großstädten nicht so viele klassische Sehenswürdigkeiten gab wie in europäischen Städten. Meistens waren es Märkte, Moscheen oder einzelne historische Gebäude, aber keine langen Listen an Must-See-Orten wie in vielen europäischen Hauptstädten.

In Casablanca mieteten wir uns für zwei Nächte ein günstiges Appartement, um die Stadt zu erkunden.

Schließlich fuhren wir weiter nach Oualidia, durchquerten El Jadida und fanden dort ein preiswertes, aber nicht gerade kleines Appartement, das wir für vier Nächte mieteten. Hier wollten wir surfen, was wir dann auch am ersten Pausentag taten – allerdings war der Spaßfaktor diesmal nicht ganz so hoch wie beim letzten Mal. Doch Oualidia bot uns eine willkommene Auszeit und eine Gelegenheit, die Reise und die Eindrücke der letzten Tage Revue passieren zu lassen.

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